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Evolution als theologisches Dilemma

Begonnen von Delusion, 03 Nov 2014, 10:29

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Delusion

Hallo Mitschreiber,

aktuell hat es den Anschein, als würde zumindest die katholische Kirche ihren Widerstand gegen die Evolutionstheorie immer weiter abbauen. Jüngst erklärte Papst Franziskus, Evolution und Gottglaube widersprächen sich nicht, dem Urknall sei sogar göttliche Intervention vorauszusetzen.
Vor einigen Jahren setzten sich katholische Geistliche mit dem Evolutionsbiologen Richard Dawkins zusammen, um in einem öffentlichen Brief für die Offenheit im Schulunterricht diesbezüglich zu werben. Unter dem Stichwort der theistischen Evolution finden sich unter anderem weitere Bestrebungen, den Gottglauben mit der Evolutionstheorie in Übereinkunft zu bringen. Auch aktuelle Philosophen wie Richard Swinburne scheinen Evolution und (christlichen) Glauben problemlos unter einen Hut zu bringen - mehr noch, sogar die naturwissenschaftlichen Erkenntnisse als Lösung für theologische Problematiken heranzuziehen.

Ob man dieser Entwicklung nun positiv oder eher kritisch gegenübersteht, gute Gründe gibt es für beides. Zum einen scheint sich das Christentum langsam aber stetig aufzuklären (beziehungsweise es wird zwangsläufig aufgeklärt), Fundamentalismus dürfte rarer werden, ebenso seine gewaltvollen Auswüchse. Entsprechende Gruppierungen, und Zeugen Jehovas seien da nur als gut verständliches Beispiel genannt, würden und werden mehr und mehr den Status unwissender, skuriler Randgruppen einnehmen.
Andererseits aber mag man hier eine "unheilige Allianz" vermuten, in welcher irrationaler Gottesglaube mit naturwissenschaftlicher Erkenntnis verwoben wird, woraus der absurde Schluß erwachsen mag, Wissenschaft unterstütze die Annahme eines schaffenden Gottes (wenn ich mich nicht irre, gehen die Aussagen des ehemaligen Papstes Ratzingers sowie seines aktuellen Nachfolgers in eben diese Richtung). Dem auf "Unwissenschaft" basierenden Gottsglauben wird so der Anstrich der Wissenschaft verliehen, was nun wirklich nicht im Sinne aufklärerischer Bemühungen sein kann.

Jedoch beschäftigt mich seit einiger Zeit ein spezielles Problem in dieser Thematik. Entsprechende Lektüre konnte ich bislang nur sehr bedingt finden (in der theologischen Fachhandlung konnte mir dazu nicht geholfen werden, falls jemand eine Empfehlung zu genau diesem Thema hat, wäre ich sehr dankbar). Dieses Problem lässt mich immer wieder dahin tendieren, dass, aus rein biblischer/theologischer/gläubiger Sicht der Fundamentalist, also jener, der sich möglichst wortgetreu an die Bibel hält und ihr Wort über alles stellt, die Nase vorn hat.
Mir geht es um das Folgende:

Einen großen Rahmen der Bibel bildet natürlich die Versündigung der ersten Menschen, das Tragen der Sünde in die Welt, die folgende Unvollkommenheit der Menschen, die das Sühnopfer Jesu abzuschaffen sucht, welches im Ganzen in der Soteriologie behandelt wird. Dieser eigende Bestandteil der Theologie weißt noch einmal darauf hin, von was für zentraler Bedeutung diese Erlösung, das Heil Jesu ist.
Konkret formuliert wird es passend vom Apostel Paulus im 5 Kapitel des Römerbriefes wiedergegeben. Die Verse 12 sowie 18 bilden hier eine Einheit:
"Deshalb, wie durch "einen" Menschen die Sünde in die Welt gekommen ist  und der Tod durch die Sünde, so ist der Tod zu allen Menschen  durchgedrungen, weil sie alle gesündigt haben.
(...)
Wie nun durch die Sünde des Einen die Verdammnis über alle Menschen  gekommen ist, so ist auch durch die Gerechtigkeit des Einen für alle  Menschen die Rechtfertigung gekommen, die zum Leben führt."


Paulus, als Jude erzogen und als Pharisäer ausgebildet sprach hier natürlich über Adam als den einen Menschen, der die Sünde in die Welt brachte, ganz im Einklang mit der Erzählung in Genesis.
Sie Erlösung von der Sünde, Jesu Sühnopfer und die zentrale Rolle im christlichen Glauben ist somit die Reaktion auf die angeblichen Ereignisse, welche in Genesis beschrieben werden (jeder hier kennt die Geschichte von Adam und Eva, welche zur ersten Sünde verleitet wurden).

Wenn nun aber, wie die katholische Kirche immer weiter anzunehmen scheint, die Evolutionstheorie zu akzeptieren sei, wie soll nun mit diesem angeblichen Ereignis des Sündenfalls umgegangen werden? Dieser dürfte ja dann nicht stattgefunden haben. So sei die Sünde nicht durch einen Menschen in die Welt gekommen, die Paulus schreibt. Wenn dieses Ereignis aber nicht stattfand, wie ist dann Jesu Reaktion, nämlich sein Tod am Kreuz zu verstehen?
Darüber hinaus stellt sich doch die Frage nach dem "Ursprung" der Sünde.
Durch den Sündenfall ist dieser klar zu benennen - Sie ist dem Menschen geschuldet, er verstieß bewußt gegen göttliche Anleitung und muss daher die Konsequenz tragen. Lässt man aber vom Sündenfall ab, wird der Ursprung der Sünde unklar - man käme nicht umhin, den Menschen als sündig "geschaffen" anzunehmen, was diesen Gott in ein furchtbares Licht rücken würde, führte das doch die gesamte Heilslehre ad absurdum und entlarve ihn als bewußten Schöpfer des sündigen Menschen.

Für mich führt die Akzeptanz der Evolutiontheorie im rein biblischen Kontext zu gravierenden Problemen.
Und ich befürchte, dass Fundamentalisten beziehungsweise fundamentalistische Auslegungen, solche, die von Aufklärung, Rationaliserung, Hermeneutik weit entfernt sind, hier sehr Punkten können. Denn zumindest auf mich macht es doch den Anschein, als ob ihre Auslegungen schlicht stimmig(er) seien, zumindest was dieses doch so existentielle Gebiet angeht.
Zumindest für mich steht nun diesbezüglich die Frage im Raum, inwieweit die christliche Lehre mit der Evolutionstheorie in Übereinkuft zu bringen sein soll, ohne sich selbst in die Bedeutungslosigkeit zu relativieren (denn wozu braucht es ein Sühnopfer, wenn es doch einen Sündenfall nie gab?).

Inwieweit kann es hier überhaupt eine vernünftige Akzeptanz wissenschaftlicher Erkenntnisse geben?

Das wären einige Fragen, die mich seit einiger Zeit zu diesem Thema umtreiben.
Über einen Gedankenaustausch (natürlich nicht zur Evolutionstheorie, sondern zu den sich daraus ergebenen Komplikationen/Vorteile im christlichen Horizont) würde ich mich sehr freuen.

Engel des Lichts

Puh... Das ist erst mal eine gehaltvolle Einführung...
 

 Zum grundlegenden Problem, dass die Radikalen die Nase vorn haben, wenn es um die korrekte Auslegung geht (,,korrekt" wäre für mich dann wenn sie es so auslegen wie es von den Schreibern in der jeweiligen Zeit gedacht war): Da fiel mir spontan ein Spiegel Interview mit einem radikalen Salafisten ein http://www.spiegel.de/politik/ausland/is-islamischer-staat-streitgespraech-mit-einem-islamisten-a-998720.html  (um kurz vom Christentum abzudriften, ich spanne dann den Bogen)
 

 Unter anderem behauptet dieser Salafist, dass mehr Leute auf seiner Seite sind als der Reporter wahrhaben möchte. Und ich fürchte, da hat er recht, denn rein auf den Text bezogen hat ein ,,aufgeklärter Islam" wenig der fundamentalen Auslegung entgegenzusetzen.  
 

 Man könnte sich auch ein Gespräch zwischen einem offenen Wohnungsinhaber und einem Zeugen Jehovas vorstellen. Der denkende Wohnungsinhaber (WI) sieht jemanden vor sich, der behauptet ihm aus der Bibel die Lösung für ein bestimmtes Problem zeigen zu können. ,,Bibel?", denkt sich der WI. ,,Da steht doch viel über das Töten ungläubiger drin und überhaupt hat das Christentum doch viel Leid über die Welt gebracht." Die reflexartige Reaktion des Zeugen würde wohl sein zu behaupten, dass dies doch nichts mit dem wahren Christentum zu tun habe und dass viele unvorteilhaft klingende Bibeltexte einfach aus dem Zusammenhang gerissen seien.
 

 Unter welchen Umständen könnte der WI jetzt in die Falle tappen? Nun, ich habe schon von einigen Zeugen gehört wie sie in die ,,Wahrheit" kamen. Da lag z.B. eine liberal-religiöse Erziehung vor, also an Gott glaubte man irgendwie schon immer, mit Evolution hat man sich nicht tiefgehend beschäftigt, die Bibel sah man ,,irgendwie schon als besonderes Buch" an, aber man hatte keine Zeit oder Lust sie mal ganz durchzulesen oder zu verstehen. Dann lässt man sich das von einem Zeugen zeigen, der ,,gern bereit ist zu helfen". Flugs werden ein paar Beispiele betrachtet was die Zeugen lehren und was ,,die Kirchen" lehren und beim WI ergibt sich der Eindruck, dass bei den Zeugen ein besseres Bibelverständnis vorliegt als bei ,,den Kirchen". Wenn der WI sich nun entschließt, dass er ,,Gottes Willen tun will", dann wird er sich denken: ,,Doch besser zurück zu den Ursprüngen, die katholische Kirche ist anscheinend davon abgewichen."
 

 Nun wird beschriebenes Beispiel in der heutigen westlichen Welt nur noch äußerst selten vorkommen. Woran liegt das? Weil die Zeugen (oder andere fundamentale Gruppen) die ,,schlechtere" Exegese haben? Oder doch eher daran, dass die Mehrheit einfach nicht daran interessiert ist was die Bibel zur heutigen Zeit sagt? Dass im Allgemeinen davon ausgegangen wird, dass dieses alte Buch in einer archaisch geprägten, patriarchalen Gesellschaft entstand und deshalb als nicht relevant betrachtet wird? Ich glaube wegen letzterem, denn wenn die Kirchen (kath./ev.) die ,,bessere" Exegese hätten (und dies relevant wäre) dann müsste sich das ja wenigstens ansatzweise in steigenden Mitgliedszahlen ausdrücken.  
 

 Wenn man sich z.B. die Kommentare in sozialen Netzwerken unter Artikeln über Reformen in den staatlichen Kirchen (,,Papst will Schritt auf Homosexuelle zugehen") ansieht, dann fällt auf, dass Fundis und weniger oder gar nicht Gläubige häufig in einem Punkt übereinstimmen ohne es vielleicht zu merken, und zwar, dass die kath. Kirche sich irgendwie schon von der ursprünglichen Bedeutung von Bibeltexten oder deren Gewichtung entfernt hat, die Fundis sagen ,,wie schlimm", die anderen ,,zum Glück".  
 

 Wenn man meine Gedanken jetzt auf die Komplikationen mit der Evolutionstheorie überträgt, dann kann sich durchaus Ratlosigkeit breitmachen. Eine Lösung für dein angeführtes logisches Problem (Römer 5 und die Sündhaftigkeit oder Sündlosigkeit des Menschen) kann ich jetzt auch nicht anbieten. Aber das werden sicherlich bezahlte Theologen hinbekommen, zumindest in einer Weise, die zahlende Kirchenmitglieder akzeptieren können ohne dass sie sich genötigt sehen tiefer nachzubohren. Ich selbst möchte dann jetzt nicht als advocatus diaboli auftreten ;)
 

 Ist nun die von dir, delusion, anfangs erwähnte Entwicklung (Richard Dawkins sitzt zusammen mit Geistlichen) eher positiv oder negativ zu bewerten?
 

 Ich selbst tendiere in letzter Zeit zu eher positiv. Das religiöse Angebot der Landeskirchen scheint ja mittlerweile wohl eher auf Personen fixiert zu sein, die sich von Fundamentalismus abgestoßen fühlen, aber irgendwie doch an Gott glauben wollen und einen gewisses Setting dazu benötigen. Von Seiten der Kirche ist auch nicht zu erwarten, dass jetzt irgendwie logische Schlüsse gezogen werden, denn das würde ja am Ende dazu führen, dass sie den Laden dichtmachen müssten, und dazu geht es um zu viel Geld, dazu sind noch zu viele Beschäftigte vom kirchlichen Apparat abhängig, die nicht ihre finanzielle Existenz unterminieren wollen. Ist das nun ein Zustand mit dem man leben kann, dass die Wissenschaft dann von diesen Kreisen scheinbar oder wirklich missbraucht wird? Nun, Wissenschaft wurde schon oft missbraucht. Aber gerade zu einer Person wie Richard Dawkins, da denke ich schon, dass er weiß was er tut und dies auch in Kauf nimmt.
 

 
Zitat von: DelusionOb man dieser Entwicklung nun positiv oder eher kritisch gegenübersteht, gute Gründe gibt es für beides. Zum einen scheint sich das Christentum langsam aber stetig aufzuklären (beziehungsweise es wird zwangsläufig aufgeklärt), Fundamentalismus dürfte rarer werden, ebenso seine gewaltvollen Auswüchse. Entsprechende Gruppierungen, und Zeugen Jehovas seien da nur als gut verständliches Beispiel genannt, würden und werden mehr und mehr den Status unwissender, skuriler Randgruppen einnehmen.


 Ich denke wenn dies erreicht ist, dann ist schon mal viel positives erreicht. Da sind wir hier schon mal weiter als in der islamischen Welt. Mit einer weiterhin existierenden Staatskirche hätte ich keine Probleme, auch wenn ihr zunehmend die logischen Existenz-Grundlagen entzogen wären und die Bibel nur noch zitiert wird, wenn an der Stelle Jesus das ein oder andere nette oder weise Wort gesprochen hat. Wenn so eine Kirche nebenher existiert und sich nicht ungebührlich in das Privatleben einmischt sondern vielleicht sogar konstruktiv zu einem funktionierenden Zusammenleben beiträgt, dann ließe sich vorerst auch  verschmerzen, dass dieser ganze Apparat viel Geld auffrisst, denn das kommt woanders auch vor.
 

 So, bevor ich noch mehr schreibe und es unübersichtlich wird, jetzt lieber STOPP
 

 Eigentlich bin ich ja auf Arbeit *hüstel*
A:Viele Ungerechtigkeiten in der Welt haben einen religiösen Ursprung. B: Das liegt daran, dass sie das Falsche glauben, schauen Sie mal hier...
Szenenwechsel
A: Viele haben vom Rauchen Lungenkrebs bekommen. B: Das liegt daran, dass sie das Falsche rauchen, Probieren Sie mal die hier...

rhaaz

Die Haltung der kath. Kirche zur Evolution ist inkonsistent. Entgegen der zunächst formulierten Behauptung, die "Evolution der Arten" sei "nicht im Widerspruch zur Schöpfung", wird dann aber doch behauptet, Evolution allein könne das Leben nicht erklären. Die moderne Evolutionsbiologie leistet aber genau das: Sie erklärt die der Evolution zugrundeliegenden Mechanismen ohne auf einen ominösen Schöpfer zurückzugreifen. Wenn ich also den naturwissenschaftlichen Status Quo akzeptiere, dann doch in erster Linie die Kenntnis über die Mechanismen, die die Evolution antreiben. Wenn ich behaupte, diese Mechanismen seien nicht ausreichend, muss ich doch erklären können, was genau denn ein Schöpfungseingriff darstellt und wo er stattfindet. Dazu habe ich noch nie irgendwas gehört.

Die kath. Kirche behauptet also, die moderne Evolutionsbiologie zu akzeptieren, und gleichzeitig tut sie kund, dass die moderne Evolutionsbiologie die Biodiversität nicht erklären kann.

Sie vertritt also eine spezielle Variante der theistischen Evolution: während die liberale Variante nur schwammig ausführt, dass eine Evolution der Arten einen Schöpfer nicht ausschließt, ist laut der katholischen Variante ein schöpferischer Eingriff zwingend erforderlich. Das kann man für Haarspalterei halten, es ist aber bezeichnend für die zugrundeliegende Denkweise.
I keep six honest serving men
They taught me all I knew;
Their names are What and Why and When
And How and Where and Who.
 - Rudyard Kipling

Was viele Zeugen Jehovas nicht wissen

Birdy

Hallo Delusion,

Du bringst es auf den Punkt. Das ist ein arges Problem, dessen sich die allermeisten Katholiken bzw. Gläubige auch anderer Denominationen überhaupt nicht bewusst sind.

Ich stelle mal die Behauptung auf, dass mittlerweile die wenigsten Katholiken und/oder Protestanten (zumindest in der westlichen Welt) die Evolutionstheorie anzweifeln - selbst meine 90jährige Oma würd Dir 'nen Vogel zeigen, wenn Du ihr noch mit der Erschaffung von Adam und Eva ankämst oder mit der Strafverhängung: Tod wegen Apfelklau.

Die Verbindungen aber dann zu ziehen, zu schlussfolgern, ist schwer. Diesen Bogen muss man ersteinmal spannen können.

Kennst Du die Stellungnahme vom ehem. Vorsitzenden der deutschen Bischofskonferenz Robert Zollitsch? Falls nein, hier seine klare Aussage zur Erforderlichkeit des Sühnetods:

http://www.youtube.com/watch?v=PjLn3zHq2es

Seine theologische Begründung muss ich nocheinmal heraussuchen und reiche sie nach, wenn ich sie denn dann gefunden habe.

Das ganze ist aber nicht neu. Gregor von Nazianz lehrte schon 380, das es keines Sühnetods bedürfe, um einen zornigen Gott zu versöhnen.

Im Moment stehe ich zeitlich ziemlich unter Druck und stelle deshalb fest, dass ich nicht so formulieren kann, wie ich es gern möchte. Freue mich aber über einen späteren Austausch.
https://www.youtube.com/watch?v=YhQQcLHTc5g

"Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können." F. Nietzsche

Delusion

Hallo Engel des Lichts,

Zitat von: Engel des LichtsIst nun die von dir, delusion, anfangs erwähnte Entwicklung (Richard Dawkins sitzt zusammen mit Geistlichen) eher positiv oder negativ zu bewerten?
 

ich bin da sehr zwiegespalten.
Einerseits sage ich mir, dass jeder Schritt weg vom Extremismus gut ist, und sei er auch nur ein Anfang.
Andererseits aber wird mit einer so gearteten Einstellung der Respekt vor dem Glauben per se und die scheinbar gerechtfertigte Forderung eines solches Respektes, einer solchen Achtung vorangetrieben. Wenn aber Glaube an sich als zu schützender Wert darsteht, dann wird eine kritische Auseinandersetzung nur schwer möglich. Das Beispiel Islam zeigt es in aller Deutlichkeit: Wann immer kritische Stimmen laut werden, werden sie der Islamhetze bezichtigt, des Rassismus. Mir sind in letzter Zeit zu diesem Thema (Kritikimmunität von Religion) direkt 2 Schreiber für die Nachrichten von SPIEGEL ONLINE aufgefallen, die in haargenau dieses Horn blasen.

Daher sehe ich in einer "Verwissenschaftlichung" des Glaubens, die sich durch Pseudowissenschaftlichkeit auszeichnet ein großen Gefahrenpotential.
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Hallo Birdy,

Zitat von: BirdyKennst Du die Stellungnahme vom ehem. Vorsitzenden der deutschen Bischofskonferenz Robert Zollitsch? Falls nein, hier seine klare Aussage zur Erforderlichkeit des Sühnetods:
(...)
Seine theologische Begründung muss ich nocheinmal heraussuchen und reiche sie nach, wenn ich sie denn dann gefunden habe.

Eine ausführlichere Stellungnahme von Robert Zollitsch würde mich tatsächlich interessieren. Wie genau er diese Position vertritt, war mir nicht bewußt, jedoch scheint seine Argumentation dem vieler katholischer Theologen zu entsprechen. Besonders das angebliche "Solidarisieren Gottes mit den Leidenden" ist eine immer wiederkehrende Floskel, habe ich den Eindruck. Dabei ist sie nichts als eine leere Worthülse. Der tatsächliche praktische Wert dieser Tat unter diesem Gesichtspunkt ist gleich null.
Auch scheint diese Argumentation nur auf das zu blicken, was sie zukünftig auslösen soll, ignoriert aber vollkommen, worauf sie gemäß der Bibel eigentlich zurückzuführen ist.

Ich muss übrigens gestehen, dass ich ein derartiges Gerede nicht ganz ohne eine gewisse subtile Abscheu ertrage. Es ist so vollkommen losgelöst vom menschlichen Empfinden, vom Wert für den Menschen. Was für ein Mehrwert soll es bitte ergeben, dass Jesus unschuldig freiwillig am Kreuz leidet? Und war das nun die Folgen wert, unter welchen Juden noch heute teils zu leiden haben, nämlich über Jahrhunderte hinweg als Christusmörder von eben den Leuten verfolgt zu werden, für welche Jesus ein Vorbild sein solle?

Es wirkt so absurd.

Zitat von: BirdyDas ganze ist aber nicht neu. Gregor von Nazianz lehrte schon 380, das es keines Sühnetods bedürfe, um einen zornigen Gott zu versöhnen.
Wenn ich nicht irre, sprach auch Augustinus noch weiter vor Gregor von ähnlichen Gedanken. Das mag rein theologisch-theoretisch Sinn ergeben, ist aber sehr losgelöst von biblischen Vorgaben, möchte ich meinen. Auch würde eine derartige Argumentation nun wieder der Solidarisierung mit den Leidenden widersprechen, da die Versöhnung Gottes eher auf den Sündenfall gerichtet ist und der Wiedergutmachung seiner verletzten Gefühle, also bezieht diese sich auf das Vergangene, wohingegen Zollitsch ja scheinbar eher auf das Zukünftige zu blicken scheint und damit auf das Leid der Menschen.

In jedem Fall aber bleibt die Problematik der Evolutionstheorie im Raum, denke ich. Woher kam die Sünde, welche Jesu Opfertod nach sich zog? Wo soll nun der tiefere Sinn bestehen?

Silent74

Adam stirbt. Jesus stirbt. Alle sterben. Seit tausenden von Jahren.Der Sinn davon? Platz machen?
Evolution Raum geben? Im universellen Maßstab sind die paar tausend Jahre Menschheit n Furz.
Ein Planet mit Menschen im Universum? Auch n Furz *g*
...Leben heißt Lieben
...Lieben heißt Leiden
...wenn du nicht leiden willst, dann liebe nicht
...aber wenn du nicht liebst - wofür lebst du dann?

Mein Lebenstriathlon: Widerstehen, Widersetzen und widerlegen ::)

Matt

Zitat von: Silent74Adam stirbt. Jesus stirbt. Alle sterben.

Nein, nicht alle sterben. Es gibt z.B. Tiere, die sterben nicht.

Kann mir ein Schöpfungsanhänger erklären, warum die meisten Tiere sterben und es doch einige gibt, die nicht sterben?

snovalis

Gott ist halt ein Player. Und fand die Idee, dass sich z. B. Plattwürmer quasi endlos fortregenerieren können, lustig, als er gerade keine bösen Heiden-Menschen mehr abschlachtete.
Das Publikum verwechselt leicht den, welcher im Trüben fischt, mit dem, welcher aus der Tiefe schöpft (Nietzsche, Friedrich).
Heard of a rumour, that god got a sick sense of humor (Depeche Mode).
... und ich tanz' einfach weiter (Wolfsheim)!
Der Mond besteht aus grünem Käse (snovalis).
Jeder nach seiner Facon (Friedrich II. d. Gr.).

rhaaz

Es ist unfair, von einem Schöpfungsgläubigen zu fordern, er solle solche detaillierten Fragen erklären. Da bis jetzt ungeklärt ist, was Schöpfung überhaupt sein soll, kann natürlich auch nichts weiterführendes erklärt werden. Aber solche Fragen sollen hier ja nicht erörtert werden, sondern ob es aus theologischer Perspektive vertretbar sein kann, der Evolutionsbiologie zuzustimmen.
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 - Rudyard Kipling

Was viele Zeugen Jehovas nicht wissen

Matt

Zitat von: rhaazEs ist unfair, von einem Schöpfungsgläubigen zu fordern, er solle solche detaillierten Fragen erklären. Da bis jetzt ungeklärt ist, was Schöpfung überhaupt sein soll, kann natürlich auch nichts weiterführendes erklärt werden.

Die Frage ist eher, wie kann man aus der Perspektive eines Theologen in der Evolution einen "Willen dahinter", eine irgendwie geartete "Lenkung" in der Evolution erkennen, wenn der Tod und das Altern so "ungerecht" über den Stammbaum verteilt ist. Das eine Tier kann sich regenerieren, das andere nicht. Das eine Tier lebt nur ein Tag, das andere stirbt quasi nie. Das eine Tier wird von innen her aufgefressen, dass andere lebt wie die Made im Speck. Und wie ist das alles mit der Theologie vereinbar, dass durch die Sünde der Tod in die Welt gekommen ist.

Delusion

Hallo Matt,

Zitat von: MattDie Frage ist eher, wie kann man aus der Perspektive eines Theologen in der Evolution einen "Willen dahinter", eine irgendwie geartete "Lenkung" in der Evolution erkennen, wenn der Tod und das Altern so "ungerecht" über den Stammbaum verteilt ist. Das eine Tier kann sich regenerieren, das andere nicht. Das eine Tier lebt nur ein Tag, das andere stirbt quasi nie. Das eine Tier wird von innen her aufgefressen, dass andere lebt wie die Made im Speck. Und wie ist das alles mit der Theologie vereinbar, dass durch die Sünde der Tod in die Welt gekommen ist.

wenn mich nicht alles täuscht, geht das auf die "Natural Law Defense" Argumentation zurück - Die Ansicht, wir uns nur zu unserem heutigen Stand entwickeln konnten, weil die Welt so ist, wie sie ist. Wäre sie anders, wäre unser heutiges "ich" nicht möglich (um es ganz kurz und knapp zu formulieren).
Hinzufügen könnte man, dass das Tierreich erst einmal unerheblich sei, da die Sünde auf den Menschen zutraf und er sündigte, er Gottes Strafe beziehungsweise die zwingende Konsequenz aus der Sünde zu tragen habe.

Mir geht es aber nun weniger darum, massenhaft Argumente zu sammeln, warum die Evolutionstheorie die Lehre der Sünde beschädigt.

rhaaz

Zitat von: MattDie Frage ist eher, wie kann man aus der Perspektive eines Theologen in der Evolution einen "Willen dahinter", eine irgendwie geartete "Lenkung" in der Evolution erkennen, wenn der Tod und das Altern so "ungerecht" über den Stammbaum verteilt ist. Das eine Tier kann sich regenerieren, das andere nicht. Das eine Tier lebt nur ein Tag, das andere stirbt quasi nie. Das eine Tier wird von innen her aufgefressen, dass andere lebt wie die Made im Speck. Und wie ist das alles mit der Theologie vereinbar, dass durch die Sünde der Tod in die Welt gekommen ist.

Warum muss denn in einem theologischen Schöpfungskonstrukt ein "Wille dahinter" sein? Es wäre doch ebenso plausibel anzunehmen, es gäbe ein kosmisches Etwas, das als Ausscheidung Universen mit hochkomplexen Lebensformen darin hinterlässt. In diesem Fall wäre nicht von einer bewussten Schöpfung zu sprechen, sondern von einer unbewussten oder zumindest von einer unbeabsichtigten Schöpfung, und es würde keinen Sinn machen, sich über Gerechtigkeit, Lenkung und "Willen dahinter" in der Natur den Kopf zu zerbrechen.
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Was viele Zeugen Jehovas nicht wissen

Rabbi Jussuf

So wie ich Razzi verstanden habe, gilt die ET unumschränkt, aber es wird von einem dualistischen Weltbild ausgegangen.
So greift bei der Menschwerdung ein geistiger Faktor ein, der das Tier zum Menschen werden lässt. So kann auch der Sündenfall und das ganze Brimborium als geistige Komponente fast problemlos wieder eingefügt werden.
Viel weiter wird dabei nicht gedacht. Damit können auch keine weiteren tiefgreifenden Probleme entstehen, wie zum Beispiel sich das Geistige in der Realität äussern soll.

Vaultboy

Zitat von: rhaazWarum muss denn in einem theologischen Schöpfungskonstrukt ein "Wille dahinter" sein? Es wäre doch ebenso plausibel anzunehmen, es gäbe ein kosmisches Etwas, das als Ausscheidung Universen mit hochkomplexen Lebensformen darin hinterlässt. In diesem Fall wäre nicht von einer bewussten Schöpfung zu sprechen, sondern von einer unbewussten oder zumindest von einer unbeabsichtigten Schöpfung, und es würde keinen Sinn machen, sich über Gerechtigkeit, Lenkung und "Willen dahinter" in der Natur den Kopf zu zerbrechen.

Du solltest weniger Family Guy gucken ;-D

https://www.youtube.com/watch?v=RmD9ZWDUsNY
-( ͡° ͜ʖ ͡°)╯╲___☭☭☭☭☭

Capitalism? More like CRAPitalism! - Karl Marx, probably

rhaaz

Zitat von: VaultboyDu solltest weniger Family Guy gucken ;-D

Wohl eher mehr! Ernsthaft: Warum sollte ein herbeigefurztes Universum wahrscheinlicher oder unwahrscheinlicher sein als ein gezielt geschaffenes Universum (unberücksichtigt bleibt hier natürlich der Sonderfall eines bewusst und gewollt herbeigefurzten Universums)?
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 - Rudyard Kipling

Was viele Zeugen Jehovas nicht wissen